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Durch interprofessionelles Wissen Ernährungsmedizin fördern
16.05.2025 Steigende Kosten, Fachkräftemangel und komplexe Behandlungen erfordern neue Wege in der Ernährung und Diätetik. Der CAS Interprofessionelle Ernährungsmedizin fördert interprofessionelles Wissen, stärkt die Qualität der Ernährungsmedizin und vernetzt Fachkräfte für eine bessere Patientenversorgung.
Das Wichtigste in Kürze
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Die zunehmende Zahl polymorbider Patient*innen und der Fokus auf medikamentöse Therapien haben zu einer Versorgungslücke in der Ernährungsmedizin geführt.
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Ein neuer interprofessioneller Weiterbildungslehrgang (CAS) soll diese Lücke schließen, indem er Fachpersonen aus verschiedenen Gesundheitsberufen zusammenbringt und ihre Kompetenzen in klinischer Ernährung stärkt.
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Ziel ist es, die Qualität der Ernährungsmedizin schweizweit zu verbessern, die interprofessionelle Zusammenarbeit zu fördern und die Ernährung als festen Bestandteil der Patient*innenbehandlung zu etablieren.
Im Bereich Ernährung steigt die Zahl der polymorbiden Patient*innen, bei denen z.B. Mangelernährung ein grosses Problem ist. Die Menschen werden immer älter, weil die medizinische Versorgung, gerade auch im Bereich Onkologie, laufend verbessert wird. Dabei geht oft vergessen, dass die Patient*innen auch in ihrer körperlichen Substanz erhalten werden müssen. Begleitende Therapien wie Ernährung, aber auch Bewegung, wurden unter anderem aus ökonomischen Gründen weniger beforscht und anerkannt, da der Fokus bisher auf der medikamentösen Behandlung lag. Es gibt derzeit zu wenig Fachkräfte, gerade auch bei den Ärzt*innen, die die Kompetenzen und das Wissen haben, um dieses Thema gut anpacken zu können. «Hier besteht eindeutig ein Mismatch», meint Philipp Schütz. «Hinzu kommt der Kostendruck in den Spitälern: Alles muss schneller gehen und das Personal effizienter werden. Dies führte dazu, dass insbesondere bei den Ernährungsberater*innen abgebaut wurde. So stehen wir nun im Bereich Ernährungsmedizin vor einer Versorgungslücke.»

Interprofessionelle Weiterbildung für bessere Ernährungskonzepte
Diese Lücke soll mit einer neuen Weiterbildung geschlossen werden. Traditionell wird die Ernährung im Medizinstudium nur am Rande behandelt. Mit entsprechenden Weiterbildungsprogrammen können nun Ärzt*innen mit Ernährungsfachpersonen ihr Wissen im interprofessionellen Setting theoretisch und praktisch vertiefen. Philipp Schütz sagt: «Das Ziel ist, dass pro Spital mindestens ein Ernährungs-Champion aus der Ärzteschaft den Lead übernimmt und mit einem multiprofessionellen Ernährungsteam gute Konzepte ausarbeitet.» Dabei werden die Strukturen und Prozesse in den Spitälern geprüft und neu organisiert. Zum Ernährungsteam gehören z. B. Fachpersonen der Ernährungsberatung, Pflegefachpersonen, aber auch, Köch*innen, die ebenfalls eine wichtige Rolle in der Verpflegung spielen und die ganze Logistik rundherum. All diese Fachpersonen nehmen Einfluss auf die Behandlungsqualität der Patient*innen. Durch eine gute Zusammenarbeit kann der Erfolg der Behandlung verbessert werden. Deshalb ist es wichtig, dass diese Konzepte – auch in finanzieller Hinsicht – einen Schub bekommen und den angemessenen Stellenwert im Gesundheitswesen erhalten.
Das Ziel ist, dass pro Spital mindestens ein Ernährungs-Champion aus der Ärzteschaft den Lead übernimmt und mit einem multiprofessionellen Ernährungsteam gute Konzepte ausarbeitet
Behandlung mit Fokus auf Qualität und Patient*innen
Der CAS Interprofessionelle Ernährungsmedizin soll ein übergreifendes Verständnis im Bereich der klinischen Ernährung bilden. Angesprochen werden in erster Linie Mediziner*innen und Ernährungsberater*innen. Interessant könnte die Weiterbildung auch für Ernährungswissenschaftler*innen, Spitalapotheker*innen und Pflegefachpersonen sein. «Es ist uns sehr wichtig, dass alle Berufsgruppen profitieren und ein klares Rollenverständnis bezüglich Funktionen, Aufgaben und Prozessen entwickeln, damit auf Augenhöhe zusammengearbeitet wird», betont Pascal Tribolet. Zukünftig können somit Schnittstellen besser geklärt und Therapien gemeinsam definiert werden, was die Prozesse effizienter macht und die Qualität der Behandlung mit Fokus auf die Patient*innen optimiert.
Der CAS bietet zudem eine einzigartige Plattform zur Förderung eines spannenden Austauschs, indem verschiedene Professionen bzw. Abschlüsse der Ernährungsberater*innen auf Bachelor- und ein integriertes Modul auf Master-Level sowie der universitäre Abschluss der Mediziner*innen vereint werden. Die interprofessionellen Kontakte, die dabei auch mit Leader*innen im klinischen Ernährungsbereich, mit Fachpersonen der GESKES und der Ernährungsberatung entstehen, sind auch nach der Weiterbildung wichtig für ein sich etablierendes Netzwerk. In diesem Netzwerk finden sich interessante Forschungspartner*innen, die die GESKES für ihre verschiedenen Studien zur Wirkung der Ernährungsmedizin nutzen kann.
Es ist uns sehr wichtig, dass alle Berufsgruppen profitieren und ein klares Rollenverständnis bezüglich Funktionen, Aufgaben und Prozessen entwickeln, damit auf Augenhöhe zusammengearbeitet wird.
Die Zukunft der Ernährungsmedizin sichern
«Unser klares Ziel ist es, schweizweit die Qualität der Ernährungsmedizin zu stärken», betont Philipp Schütz. «Wir erhoffen uns, dass das Interesse und die Freude an diesem Bereich gefördert und die Fachpersonen vernetzt werden. So können auch wissenschaftliche Projekte entstehen, die eine Weiterentwicklung der Ernährungsmedizin ermöglichen, denn die GESKES ist auch wissenschaftlich aktiv.» Philipp Schütz möchte insbesondere junge Mediziner*innen für dieses Fachgebiet gewinnen, so dass auch die Zukunft der Ernährungsmedizin gesichert ist. Für Pascal Tribolet hat die Weiterbildung das Potenzial, der Ernährung während und nach dem Spitalaufenthalt einen höheren Stellenwert in der Patiententherapie einzuräumen.
Autorin: Isabelle Stupnicki
Durch interprofessionelles Wissen Ernährungsmedizin fördern
Die GESKES steht als interprofessionelle Organisation von Seiten der Ärzt*innen, der Ernährungsberatung und der Pflege für Qualität und Aus- und Weiterbildung in der Ernährungsmedizin. Es wurde ein Weiterbildungsprogramm für den Zusatztitel «Interdisziplinärer Schwerpunkt Ernährungsmedizin» entwickelt, das gemeinsam mit dem SIWF und der FMH in Kraft gesetzt wurde. Fächerübergreifend bietet der Schwerpunkt interessierten Fachärzt*innen die Möglichkeit, ihr vorhandenes Wissen zu vertiefen und sich neues Fachwissen anzueignen. Somit werden sie für Ihre Patient*innen kompetente Partner*innen in jeglichen Ernährungsfragen.
Im Zentrum dieser Weiterbildung steht der CAS interprofessionelle Ernährungsmedizin, der mit der Berner Fachhochschule erarbeitet wurde mit dem Ziel, die Ernährungsteams für die oft komplexen Behandlungen der Patient*innen zu stärken. Pascal Tribolet sieht darin auch eine grosse Chance, die Rolle der Ernährungsberater*in im klinischen Bereich zu stärken und Hemmschwellen in der Zusammenarbeit mit der Ernährungsmedizin abzubauen.
Neue Wege im Gesundheitswesen
Das Schweizer Gesundheitssystem steht vor Herausforderungen, die mutige neue Wege erfordern. In einer Reihe von Beiträgen präsentieren wir Forschungsprojekte der Berner Fachhochschule, die praxisorientierte Lösungen entwickeln – von innovativen Versorgungsmodellen über digitale Assistenzsysteme bis hin zu nachhaltigen Finanzierungsansätzen.